Autor*in sein, Realtalk

Autor*in sein, Realtalk

Ein kleiner Nachsatz zur ausgefallenen Lesung in Köln (bin übrigens immer noch krank, könnte…nee, kann nur husten): Ich wollte das unbedingt machen, um dem „Diebesgut“ noch einmal Tribut zu zollen.

Der Roman ist jetzt 9 Monate alt, was marktmäßig heißt: am Ende. Sowieso. Nun war diesem Buch aber ohnehin kein Erfolg beschieden. Ich habe viele erfreuliche, sogar begeisterte Rückmeldungen bekommen. Abgesehen davon ist der Roman aber ohne jede Öffentlichkeit untergegangen. Es hat sich keine Zeitung, kein überregionales Radio, nicht einmal ein Blog oder ein Online-Medium interessiert. Obwohl ich den Roman für meinen besten halte, hat er damit die anderen noch einmal unterboten.

Warum schreibe ich das? Einmal, um ein bisschen zu jammern. Seht es mir nach. Zugleich aber auch, um das Gegenteil zu tun. Denn: das ist normal. Die meisten literarischen Bücher erscheinen, die Autor*innen freuen sich, der Freundeskreis kauft (liest aber nicht zwangsläufig), die befreundete Kneipe und die Stadtbücherei organisieren eine Lesung für 4 Gäste und das Personal und das war’s. Es gibt zuviele Bücher und zu wenig Leserinnen, zuviel Öffentlichkeit und zu wenig Aufnerksamkeit.

Diese Normalität wird durch den Online-Hustle vieler Kolleg*innen (gelobt seien sie!) verschleiert. Wer so viele Reels raushaut, muss doch ein erfolgreicher Hecht sein! Na ja. Viel doller sieht es selbst für die Kolleginnen bei großen Publikumsverlagen nicht aus, wenn man ein Midlist-Author ist. Du verfrühstückst den Vorschuss (den ich zB gar nicht bekomme), liest in Chemitz, Lüneburg und Flensburg in der „Eule“, in der „Roten Schlachterei“ und im „Latschenulf“ und schmeck, das war’s. Es lohnt sich finanziell gar nicht und selbst die „Münze der Liebe“ hat nur wenig Edelmetall.

Ich habe die finanzielle Seite schon oft beschrieben, und klargemacht, warum ich unbedingt einen Day Job behalte (Versorgung, Altersarmut…) Außerdem habe ich noch Familie. Ja, blöd, ne? Da beißt sich dann alles in den Schwanz: Der Job macht krank, das macht die Kinder krank, dann kann ich selbst die wenige Werbung, die ich betreiben könnte, nicht mehr auf die Reihe kriegen, weil ich Minderjährige zum Inhalieren zwingen muss.

In dieser Lage wäre eine tolle, moderierte Veranstaltung an einem coolen Ort mit Alkohol der Himmel. Nun. Ich habe mir schon vor langer Zeit gesagt, dass ich weder verbitterterter Hinterbank-Autor werden will, der mit dem jährlichen Buch an der eigenen Bedeutungslosigkeit verzweifelt, noch verbitterter Ex-Autor, der ins alkoholfreie Bier weint und knusprigen Nachwuchsautor*innen die Hand auf den Oberschenkel legt. Ich will überhaupt nicht verbittert sein.

Ich muss leider weiter sinnlos Bücher schreiben, weil es nicht zu tun (habe es versucht) mich *richtig* depressiv macht, nicht nur schlecht gelaunt. Es ist leider eine genetisch-biographische Macke. Ich freue mich über die guten Sachen als Nobody (die mal einen eigenen Beitrag wert wären).

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