Das Planetenschloss 3

Das Planetenschloss 3

[Von Anfang an lesen]

In der Metallröhre, die in den Bunker führte, heulte der Wind. Die Kristalllampen flackerten. Die Hexe hörte sich den Bericht des Kindes an, während sie den Tisch deckte, und unterbrach ihre Arbeit nur einmal, um die Augen des Metallvogels zu begutachten. Prüfend drehte sie den Kopf des widerwilligen Tieres von hin und her, bevor sie ihm einen Schubs gab. „Erst essen wir. Dann sehen wir weiter.“

Sie hockten über gekochten Tirak-Wurzeln und spülten die zähen Fasern mit Wasser aus dem Aufbereiter hinunter, der in der Ecke stand. Der Tirak schickte seine Wurzeln kilometerweit durch den Sand, auf der Suche nach den Wasserblasen in der Tiefe. Er stieß dabei noch auf so manches andere, und vor allem die Ruinen der Alten mit den Mumien und den Giftküchen voller vergessener Experimente konnten giftig sein. Die Hexe murmelte ihre Segenssprüche.

„Und er hat dich wirklich beinahe abgeworfen?“, fragte sie schließlich, indem sie sich den Mund abwischte.

Das Kind nickte.

„Zum Schloss hat er gezogen, ja?“

Wieder nickte das Kind. Die Hexe stand auf, das feine Messer in der Hand, das sie sonst zum Wurzelschneiden benutzte. Noch bevor das Kind aufgesprungen war, hatte sie den Vogel gepackt und ihm die Messerspitze an die Kehle gesetzt, dorthin, wo die Metallfedern über der Lebensader aneinanderstießen. Das Tier rührte sich nicht, kreischte nicht, flatterte nicht mit den Flügeln.

„Wer bist du?“, fragte sie leise. Der Wind heulte lauter. Sie bedeutete dem Kind mit einem Blick, sich wieder zu setzen. Der Metallvogel raschelte sachte mit dem Federkleid, als überlaufe ihn ein Schauer. Falls die Hexe erwartet hatte, dass er sprechen würde, hatte sie sich getäuscht. „Ich weiß, dass etwas in dir steckt“, fuhr sie unbeirrt fort. „Wenn du kein Geist der Alten bist, was bist du dann? Der verirrte Astralleib eines Schamanen? Ein Nanintenschwarm, der zu lange im Sand geschlafen hat? Ein hochgeladenes Bewusstseinsmuster, das einer der vergessenen Satelliten abgestrahlt hat?“

Sie presste das Messer fester gegen die Kehle des Tieres und der Vogel schüttelte erneut das Gefieder. Obwohl er auf dieser Welt erdacht und aus Kristallen dieser Welt gezüchtet worden war, klang das Geräusch fremd, als falle metallener Schnee in einem tiefen Wald.

„Ah.“ Die Hexe berührte den Schnabel des Metallvogels, ohne das Messer von seiner Kehle zu lösen. Sie verrieb das Blut des Piloten zwischen den Fingerkuppen, das noch an der scharfen Metallkrümmung klebte. „Das Hirn …“, sagte sie leise.

„Du meinst, weil er von dem Fremden …“, hob das Kind an. Doch die Hexe hatte bereits die Augen geschlossen und stieß ein Summen aus, das beständig anschwoll. Das Kind presste die Hände an die Ohren. Die Lampe flackerten heftiger, und das Heulen in der Eingangsröhre schwoll zu einem Gebrüll an.

„Gefrorenes Wasser, das wirbelt und wirbelt … der Sandsturm einer fernen Welt voller Leben auf der Oberfläche, das sich mit Wasser vollsaugt … ein Tor in eine fremde Welt … Ultima … Ultima …“ Sie öffnete die Augen. „Es tut mir Leid, Fremder. Auf dieser Welt ist kein Platz für dich. Wenn das Schloss dich bei mir findet, ist das das Ende für mich und das Kind.“

„Nein!“ Das Kind sprang auf, doch es war zu spät. Die Hexe riss das Messer bereits wieder zurück. Ein Blutfächer hing in der Luft und klatschte dann zu Boden. Bewegung kam in den Vogel. Er stieg auf, taumelte, raste von Wand zu Wand, knallte gegen die Leuchtkristalle, riss den Aufbereiter um, der Tisch wurde umgestürzt, Kind und Hexe warfen sich zu Boden. Das warme Blut fiel in dicken Schüben, und wieder klang es wie Regenböen, die es auf dieser Welt seit tausenden von Jahren nicht mehr gegeben hatten.

Stille kehrte ein. Das Kind schaute auf. Der Metallvogel lag am Boden und zuckte. Das letzte Blut floss jetzt ruhig aus ihm und bildete eine Pfütze. Das flackernde Licht und die brüllende Luft aus der Röhre malten wirbelnde Lichtflecken auf die Oberfläche, wirbelnde Sterne am dunklen Himmel.

Das Kind sprang auf und kniete sich neben das geliebte Tier. Es krächzte und war still.

Der Fernsprecher an der Wand klingelte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.