Tunnels & Trolls

Tunnels & Trolls

„Tunnels & Trolls“ gilt dem Internet zufolge als ein regelleichtes, schnelles und unkompliziertes System. Das kann ich mir nur so erklären, dass das System oft gelesen, aber kaum gespielt wird – der Teufel liegt nämlich im Detail, und gerade im deutschsprachigen Raum gibt es kaum eine gelebte Spielpraxis. Diese ist aber für das Spiel entscheidend; die niedergeschriebenen Regeln, zumal der aktuellen 7. „Deluxe Version“ wenden sich offenkundig an Leute, für die ohnehin „alles klar“ ist, und erläutern wichtige Regelelemente oder allgemeine übliche Praxis nur en passant oder auch beinahe gar nicht. Die eminent wichtigen Manöver lernt man eigentlich nur aus dem Internet kennen und muss sich mühsam zusammenreimen, wie sie funktionieren. Spielberichten älterer Grognards ist zu entnehmen, dass es Usus ist, auch in den bei T&T sehr verbreiteten Soloabenteuern Manöver als selbstverständlichen Teil des Kampfes zuzulassen, obwohl im Abenteuertext nicht ausdrücklich dazu aufgerufen wird. Viele scheinbar aussichtslose Kämpfe gegen übermächtige Gegner, in die der Solo-Text einen unangekündigt hineinschmeißt, relativieren sich damit erheblich – muss man aber halt einfach wissen, dass das erlaubt ist.

Auch, dass die Positionierung in Nahkampf- oder Fernkampfreichweite eine ganz entscheidende Rolle spielt, erschließt sich zwar aus dem Probieren, aber eben auch nur auf diesem Weg – ein Hinweis darauf in den Regeln fehlt vollständig. Daher hier meine bisherigen Erkenntnisse:

T&T arbeitet mit „Rettungsüwrfen“, bei denen der Wert eines relevanten Attributs mit 2w6 addiert wird, wobei Päsche explodieren, d.h. weitere Würfe mit 2w6 erlauben. Die Summe muss einen Zielwert übertreffen, der nach der Formel 15+5*x berechnet wird, wobei x der von der SL festgelegte Schwierigkeitsgrad ist. So weit, so gut.

Im Kampf wird grundsätzlich der von der *gesamten* Gruppe erzielte, aufaddierte Angriffswert mit   dem von *allen* Gegnern erzielten Schaden verglichen. Die unterlegene Seite verrechnet die Differenz als Schaden mit evtl. Rüstungen und verteilt die übrigen Punkte nach Gusto auf alle Gruppenmitglieder. So abstrakt das auch ist, klingt es erstmal recht einfach.

Allerdings muss man nun noch bedenken, dass der Kampf in verschiedene Phasen eingeteilt ist, während derer Fernkampf, Zauberei und (in den hoch gehaltenen Regelversionen) auch die berüchtigten Manöver dem Nahkampf vorausgehen. Diese Angriffsarten können, anders als der Nahkampf, einzelne Gegner betreffen, diese also für den Nahkampf schwächen, wobei zu beachten ist, dass der erzielte Schaden mal für das folgende Gesamtergebnis der Gruppe zählt, mal nicht.

Dies ist die taktische Schaltstelle von T&T, das ansonsten ja stumpf nach besseren Würfelwahrscheinlichkeiten funktionieren würde. Die Gruppe muss sich richtig positionieren und starke Gegner möglichst schon vor dem Zusammenrasseln schwächen.

Die Manöver, die man in der 7. Edition wirklich mit der Lupe im Regeltext suchen muss, stellen dann noch mal alles auf den Kopf, weil sie unterm Stricht völlig freie Verhandlung zwischen Spielenden und SL für Einzelaktionen erlauben, die per Rettungswurf abgehandelt werden, und heroische, gewitzte, selbstmörderische oder trickreiche Stunts erlauben, die einzelne, übermächtige Gegner bei Gelingen komplett aus dem Kampf nehmen (Sand in die Augen, Beine weghauen, ablenken, provozieren). Je nach Spielweise wird der Kampf damit zu einer sehr indy-mäßigen Laberrunde, in der die Würfelmechanik der vergleichenden Kampfwürfe durch Einzelaktionen so gut wie ausgehebelt ist. Die Spielpraxis scheint oft zu sein, seine Stunts zu erzählen, die von der freundlich bekifften SL dann großzügig gehandwedelt werden, was das Spiel *hust, hust* für die Indiegaming-Fraktion auch so interessant gemacht hat.

Ich finde das alles recht faszinierend, es spielt sich aber by the book doch recht umständlich. Man rechnet viele w6 hin und her. Viele w6! Mein größtes Problem ist, dass Vorstellungsraum und mechanisches Geschehen doch recht weit auseinanderklaffen können, jedenfalls mehr als bei den weiter verbreiteten individualisierten Kampfsystemen. Na ja, ich bleibe am Ball.  

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