Tschto delat?

Tschto delat?

Wenn die Frage ganz ernsthaft und pragmatisch ist, „was man jetzt machen soll“, habe ich leider nur völlig unspannende Antwortversuche. Nichts anderes, als was eh schon immer richtig gewesen wäre. Man sollte die Parteien wählen, die das Funktionieren für fortschrittliche Kräfte außerhalb der Parlamente am einfachsten machen, nämlich SPD, Grüne, Linke. Diese Parteien begehen genügend Verbrechen, das ist klar, sie machen aber kleinere liberale Gesetze und fördern mit Geld und Posten eine Kultur- und Bildungslandschaft in unserem Sinn. Zweitens sollte man sich im vorpolitischen Raum organisieren, wo gerade für jüngere Menschen Erfahrungen von Fantasie, Kraft und Solidarität möglich werden können, wo sie ganz platt mit einem anderen Menschenbild geimpft werden. Das kann von deinem Rollenspielladen bis zu deinem Sportverein so ziemlich alles sein. Gegen AfD und Co. muss auch ein Kulturkampf geführt werden, dort. Drittens nach Kräften politische Einzelkämpfe unterstützen, wie etwa deutsche Wohnen, Klimakampf, queere Rechte, wo es möglich ist diese zusammenführen. Alles bürgerlich, reformistisch? Ja. Es wäre aber gut, wenn fortschrittliche Leute die unsaubere Mischung des Lebens etwas mehr aushalten würden und das Fehlen eines Jargons oder einer revolutionären Tonlage nicht sofort als Ausrede benutzen würden, lieber gar nichts zu tun. Linkes Handeln im engeren Sinn wünsche ich mir durch Lebendigerhalten und Einbringen einer klaren Perspektive auf Kapitalismus in bestehende Kämpfe: Was uns hier plagt, liegt nicht an bösen Menschen, Parteien oder Ländern, sondern an einem System, das man erklären und verstehen kann. Unsre Kämpfe gehören auf dieser Ebene über Gruppen- und nationale Grenzen zusammen und sie haben eine Geschichte. Wie sieht die Welt aus, die WIR uns wünschen, was wollen WIR erreichen, außer die anderen zu verhindern? Eine klassenkämpferische Bewegung gibt es in Deutschland nicht und wird es lange nicht geben. Der Wunsch, von links eine Massenbewegung mit der reinen Weltanschauung im Gepäck aufzubauen, scheint mir zu bequem und ein großer Verhinderer realer Veränderung, Machtfantasien von Fantasyleser*innen.

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